„Zero Points“ – aber cooler Eurovision Song Contest

Partytime in Tel Aviv

Partytime in Tel Aviv

„Wir haben derzeit einen Waffenstillstand.“ Nachdem  Mahmoud al-Zahar, einer der Führer der radikalislamischen Hamas am Samstagmittag  in Gaza diese Worte exklusiv in unsere ARD Kamera gesprochen hatte, konnten das Team und ich endlich erleichtert durchatmen. Das Finale des Eurovision Song Contest und die Partystimmung in Tel Aviv können ihren ungetrübten Höhepunkt finden. 

Hunderte Raketen auf israelische Orte hatten nur wenige Tage zuvor 4 israelische Tote gefordert. Bei den folgenden Gegenangriffen der israelischen Armee auf Gaza verloren ca. 25 Palästinenser ihr Leben. Umfassende Sicherheitsvorkehrungen im ganzen Land und ein verstärktes Raketenabwehrsystem rund um Tel Aviv wie in ganz Israel waren die Konsequenz. 

Die Ankunft von tausenden Besuchern, die ersten Auftritte der ESC-Sternchen mit Musikern und Teams aus insgesamt 41 Ländern und die Berichte der  dutzenden Fernsehteams aus aller Welt waren zu Beginn der Woche entsprechend von Unsicherheit und Ängsten begleitet. Doch hielt das nicht lange an. Denn israelische ESC-Veranstalter und auch die Krisen-erprobten Bewohner von Tel Aviv versprühten Zuversicht und beste Laune. Die ESC-Party sollte steigen, egal was zuvor war oder was danach noch kommen sollte  -und das wirkte ansteckend. 

Im ESC-Village, im „Charles Clore Park“ direkt am Strand, liefen bei herrlichem Frühlingswetter täglich Live-Konzerte. Ex-ESC Sieger, wie „Dragqueen“ Conchita Wurst aus Österreich (im neuen Look übrigens) sorgte mit alten und neuen Songs für beste Stimmung. Insbesondere die Anhänger der LGBT-Gemeinde waren aus dem Häuschen. Tel Aviv ist ja als das Zentrum des Nahen Ostens für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgende bekannt. Der ESC, schon immer einer der Lieblings-Events der LGBT-Gemeinde, hatte aber noch tausende weiter Anhänger ihrer Szene in die Stadt gelockt.

ESC-Halbfinale wie auch das Finale am Samstag wurden im ESC-Village auf mehreren Videoleinwänden live übertragen. Dazu dutzende Imbißstände  mit richtig gutem Essen und Köstlichkeiten aus der israelisch-arabischen Küche….LECKER! Täglich tausende Besucher hatten von Dienstag bis Samstagnacht im ESC-Dorf also echten Spaß! Und ich habe dort erstmals Conchita Wurst „live on stage“ erlebt ….

Das Team Österreich 2019 mit der Sängerin Paenda und ihrem Song „Limits“ als große ESC-Hoffnung gestartet lernte ich dann auch noch kennen. Beim Hotelfrühstück, aber, in frustrierter Stimmung. Ausgeschieden schon im Halbfinale – schade.

Überall in der Stadt gab es natürlich Public Viewing oder ESC-Parties. Auch die deutsche Botschafterin Dr. Susanne Wasum-Rainer hatte ein kleines Fest für die deutsche ESC-Delegation und unsere „Sisters“ Laurita und Carlotta organisiert. Ein schöner Abend, den unserer ARD/BR Studioleiterin, Susanne Glass, sehr unterhaltsam moderierte.

Laurita und Carlotta, präsentierten übrigens vor den Gästen der Deutschen Botschaft ihren Song. Da war man sich noch sicher: letzter wird Deutschland doch wohl nicht…!

Hunderte Radioberichte, Dutzende Fernsehbeiträge, Live-Aufsager und Einschätzungen von vor Ort für ARD, Dritte Programme und auch Phönix wie weitere Kanäle … die öffentlich-rechtlichen Medien wollten und konnten alles über ESC, Stars, Länder, Hintergründe, Tel Aviv und Politik wie über die Sorgen um die Sicherheit berichten. Das war auch mein Teil der Arbeit in diesen Tagen.

Stand by für die ARD auch in der Finalnacht. Mit Fans aus Israel und dem Ausland beim Public Viewing. Coole Stimmung, Tanzen und Singen.Und dann doch die schonungslosen Worte der ESC-Moderatorin zu unseren Sisters: : I’m sorry, zero points. Die europäischen ESC-Fans waren gnadenlos. Damit hatte zumindest ich nicht gerechnet. 

Aber, was soll’s.  Arbeit wie ESC- Party waren ein echtes Erlebnis. Und dazu hat selbst der peinliche Auftritt Madonnas beim Finale (mit „idiotischer“ Augenklappe) mit beigetragen … Dank der vielen Lacher danach!

Aber eines konnte ich bei aller Partystimmung nicht vergessen. Auch viele Palästinenser der Westbank und aus dem von Tel Aviv nur 60 Kilometer entfernten aber abgeriegelten Gazastreifen hätten die ESC- Stimmung auch gerne miterlebt. Das konnten sie aber nicht. Die Schattenseite des Nahostkonflikt waren deshalb steter Begleiter der ESC-Party in Tel Aviv.